Heidi Reinholz
„An den Welle-Teilchen-Dualismus eines Photons oder eines Elektrons habe ich mich „gewöhnt“ und er ist mir vertraut und lieb geworden. Aber die Verschränkung zweier Quantenobjekte ist immer noch geradezu mystisch. Deshalb finde ich es besonders spannend, euch dieses Phänomen zu beschreiben.“
Zwei Elequanten haben sich getroffen
und Liebe macht sie herzverwandt.
Im Dschungel wird ihr Abstand weiter.
Verschränkung aber lässt sie hoffen,
dass Nachricht doch zum Freund gelangt.
Erinnerung stimmt sie drum heiter.
(Verschränkter Reim von Fred Reinholz für Heidi Reinholz)
Verschränkung ist eine spukhafte Fernwirkung, sagte Einstein [1] damals, als er mit Podolski und Rosen 1935 ein Paradoxon in einem Gedankenexperiment aus der Quantentheorie logisch ableitete, es aber von unseren Alltagserfahrungen her gar nicht logisch erschien. Fehlte vielleicht doch noch was an dieser neuen Quantentheorie, die doch so viel erklären konnte - den Photoeffekt, den Welle-Teilchen-Dualismus beim Doppelspalt, den Tunneleffekt, den Stern-Gerlach-Versuch, die Frauenhoferschen Linien im Sonnenspektrum, …?
Ich will euch diese Verschränkung anhand der Geschichte zweier Elequanten im Raum erläutern:
Ihr seht also, dass man ganz schön um die Ecke denken muss, um das zu verstehen. Messungen an verschränkten Quantenobjekten können sich augenblicklich beeinflussen, auch wenn sie räumlich weit voneinander entfernt sind. Andererseits sind die Ergebnisse von Messungen nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorhersagbar. Bell überlegte sich 1964 eine Möglichkeit, experimentell zu überprüfen, ob sich die mikroskopische Welt tatsächlich wie in dem Gedankenexperiment verhält. Von der Bellschen Ungleichung [2] habt ihr vielleicht schon gehört. Aber erst im Jahre 1982 gelang die Realisierung des Experimentes durch Aspect und Kollegen [3].
Die beiden Physiker Kwiat und Hardy fanden dann einige Jahre später einen noch überzeugenderen Beweis (ohne Ungleichung), den sie anhand eines Vergleichs mit einem alltäglicheren Kontext verdeutlichten [4]. Wer neugierig auf ihre Quantenbäckerei mit den verschränkten Quantenkuchen ist, den lade ich ein, noch mal bei den beiden Elequanten vorbei zu schauen:
Na, durchgehalten? Gratulation, das ist selbst für Physiker*innen eine Herausforderung. Nicht durchgehalten? Auch ok.
Natürlich kann man so eine Bäckerei in unserer klassischen Welt nicht bauen. Aber eine Quantenbäckerei für verschränkte Elektronen, Protonen, Photonen oder andere Quantenobjekte gibt es. In vielen verschiedenen Experimenten wurde das inzwischen realisiert. Gut geeignet sind dafür z.B. verschränkte Photonen, an denen man die Polarisation misst, oder verschränkte Elektronen, an denen man den Spin misst. Dabei wirkt sich die Messung an einem der Quantenobjekte unmittelbar auf den Zustand eines anderen Quantenobjektes aus - die Theorie ist nicht lokal.
Heute arbeitet man inzwischen an der technischen Nutzung verschränkter Quantenobjekte: Beim Quantencomputer sind die Basiseinheiten nicht 0 und 1, sondern Qubits. Die Verschränkung dieser Qubits spielt eine zentrale Rolle bei Berechnungen. Mit Hilfe verschränkter Zustände kann man einen abhörsicheren Quantenschlüsselaustausch realisieren. Ein Traum für Geheimdienste. Oder eure Privatsphäre? Genau genommen verschränken wir bei jeder quantenmechanischen Messung die Quantenobjekte mit dem Messapparat. Das kann man nutzen, um ein Quantenobjekt seinen bereits gemessenen Zustand wieder vergessen zu lassen. Vielleicht habt ihr euch den Quantenradierer in der Praktikumsbesichtigung auf unserer Physiktagwebseite schon erklären lassen?
Quellen: