Wie scharf ist Quantenmusik?

Johannes Mayer

"Viele fürchten sich möglicherweise vor Quantenphysik. So scheint es zunächst unmöglich, das Schulfach Musik mit der Quantenphysik zu verbinden … doch lest weiter, ich verspreche Euch, Ihr werdet überrascht sein!"


Die Heisenbergsche Unschärferelation wurde vom deutschen Physiker Werner Heisenberg im Jahr 1927 im Rahmen der Quantenmechanik formuliert. Rein formell betrachtet, beschreibt die Heisenbergsche Unschärferelation, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden können.

Physiker nennen das dann „Ort und Impuls eines Teilchens können nicht gleichzeitig scharf bestimmt werden“. Der Impuls ist möglicherweise schon etwas aus der Erinnerung. Er ist das Produkt aus Geschwindigkeit und Masse eines Teilchens oder Körpers.
Jetzt könnte man der Meinung sein, dies läge alles an den Messgeräten, die eben immer eine gewisse Ungenauigkeit aufweisen. Doch Heisenberg stellte mit der Unschärferelation dar, dass dieser Umstand eben nicht technischer, sondern elementarer Natur ist. Ergo, dieser Effekt ist in der Natur selbst begründet.

Der Elequant hat schon mal ein Saiteninstrument gespielt und Folgendes beobachtet: Wenn eine Saite gezupft bzw. gestrichen wird, so beginnt sie zu schwingen. Wir nehmen das als Ton wahr. Erklingt nun ein Ton mit einer Frequenz von 440Hz, dann handelt es sich um den Kammerton a‘ (sprich: A eins). Eine Frequenz von 440Hz bedeutet aber auch, dass eben jene Saite 440-mal pro Sekunde hin und her schwingt!

Das ist so schnell, dass unser Auge diese Bewegung nicht wirklich wahrnehmen kann. Wir sehen die Saite meist als eine Art langgezogenes Oval um die Ruhelage herumschwingen. Doch was hat das jetzt mit der Quantenmechanik und der Heisenbergschen Unschärferelation zu tun? Nun, genau wie in der mikroskopischen Welt der Quanten gibt es auch in unserer makroskopischen Welt Größen, die sich nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmen lassen. So eine Unschärfe liegt prinzipiell in der Natur von Wellen, also auch Schallwellen.

Der Elequant erinnert sich, dass bei Heisenberg Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig genau gemessen werden können. Doch was ist es bei der Saite? Eine Saite ist ein ausgedehntes Objekt, für einen konkreten Ort wählen wir uns einen Punkt z.B. die Mitte aus. Beobachtet man diesen Punkt zu einem bestimmten Zeitpunkt, können Ort und auch Geschwindigkeit problemlos bestimmt werden (im Zweifel mit einer Highspeed-Kamera). Aber der Clou ist, dass diese Information nicht ausreicht, um den angeschlagenen Ton zu erkennen und zu sagen „Das ist a‘.“

Um den Ton der Saite zu erkennen, muss man die zeitliche Entwicklung des gewählten Punktes beobachten. Erst dann lassen sich Umkehrpunkte und Häufigkeit des Hin- und Herschwingens bzw. Amplitude und Frequenz bestimmen. Die Eigenschaften eines Tons lassen sich also einem konkreten Zeitpunkt nicht zuweisen. Zeit und Frequenz können nicht gleichzeitig genau gemessen werden, eine Unschärferelation. Je kürzer die Messzeit desto weniger bestimmt ist die Frequenz und je genauer man die Frequenz wissen will, desto länger die nötige Messzeit. Wobei man sagen kann, dass ein Ton schon bei weniger als einer viertel Periode zuverlässig erkannt werden kann.

Und was für das Sehen gilt, gilt auch für das Hören. Erst wenn ich ein Geräusch eine bestimmte Zeit lang höre, kann ich einen konkreten Ton erkennen und je tiefer der Ton, das heißt je langsamer er schwingt, desto länger brauche ich. Dem Elequant geht noch ein Gedanke durch den Kopf, als er über dieses Phänomen nachdenkt. Wenn einer seiner Elequantenfreunde hinter ihm klatscht, weiß der Elequant zwar, wo sein Freund steht, aber nicht welchen Ton dieser geklatscht hat.

Über Laufzeitunterschiede am rechten und linken Ohr können wir ziemlich genau sagen, wo das Klatschen herkommt. Aber es ist ein sehr kurzes Geräusch, das abrupt beginnt und endet. Der Elequant stellt fest, dass er aus diesem Ausschnitt keine Frequenz bestimmen kann – auf einmal ganz logisch, findet der Elequant. Ist doch klar, dass sich auch hier die Unschärferelation wiederfindet … oder?

Der Elequant überlegt und erinnert sich an die vergangene Woche.

Eine unangenehme Situation, in der er da war. Der Elequant ging an einem sonnigen Sonntagmorgen zum Briefkasten und wollte nur die Zeitung holen. Er griff in den Briefkasten und fand einen Brief, der leider keine Urlaubsgrüße für ihn beinhaltete, sondern einen Gruß aus Flensburg mit der freundlichen Einladung zu einem vierwöchigen Urlaub für seinen Führerschein. Grund war eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 70km/h in der Dreißigerzone. Der Elequant hatte sich wirklich sehr geärgert! Doch jetzt erinnert er sich an seine Erkenntnisse bezüglich der schwingenden Saite: Unschärfe ist etwas Makroskopisches, das auch im Alltag wirkt. Auf dem Blitzerfoto ist die Geschwindigkeit dokumentiert, allerdings auch der Ort des Vergehens. Nach Heisenberg kann dieser Ort ja aber nicht gleichzeitig ganz genau bestimmt worden sein, wenn auch die Geschwindigkeit seines Autos gemessen wurde.

Der Elequant freut sich schon seinen Führerschein doch noch behalten zu dürfen und beschließt, zum Beweis die Ortsungenauigkeit seines Autos zu berechnen. Die Masse seines Autos findet sich leicht im Fahrzeugschein. Das Auto des Elequanten wiegt eine Tonne und soll 100 km/h schnell gefahren sein. Der Impuls ist wieder Masse mal Geschwindigkeit, also 27.777 Kilogramm mal Meter pro Sekunde. Zugegeben, die Einheit wirkt kompliziert, für den Elequanten soll genügen, dass es sich um einen relativ großen Wert handelt. Der Elequant weiß, dass wenn die Geschwindigkeit und damit der Impuls wirklich genau bekannt sind, die Ortsunschärfe durch de Broglie-Wellenlänge seines Autos bestimmt wird. Diese bestimmt er nun, indem er das Plancksche Wirkungsquantum (eine Naturkonstante – sehr kleiner Wert) durch den Impuls teilt. Da wir einen kleinen Wert durch einen großen Wert teilen, erhalten wir einen noch kleineren kleinen Wert: In diesem Fall beträgt die Ortsunschärfe 3,79*10^-39 m.

Zum Vergleich fällt dem Elequanten ein: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 60 µm = 60*10^-6 m. Nun ist klar, dass die Heisenbergsche Unschärferelation nicht auf ein Auto angewendet werden kann. Rein formal existiert sie natürlich! Aber ob sich das Auto auf dem Foto nun an der Messlinie oder 3,79*10^-39 m dahinter oder davor befand, macht eben keinen entscheidenden Unterschied. Leider… Heisenberg und de Broglie können den Führerschein des Elequanten also nicht retten.

Die Heisenbergsche Unschärferelation muss erst bei sehr kleinen und leichten Objekten berücksichtigt werden – in der mikroskopischen Welt. In unserer alltäglichen, makroskopischen Welt ist ihr Einfluss zwar existent, aber ebenso schwach, dass wir ihn nicht beobachten können. Im Gegensatz zur schwingenden Saite! Die Quantenphysik beschäftigt sich jedoch hauptsächlich mit mikroskopischen Begebenheiten, weshalb die Heisenbergsche Unschärferelation in diesem Fachgebiet nicht wegzudenken ist!

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